Ebersberg – Wenn es um die Zinsgeschäfte des Landkreises geht, ist sich Brigitte Keller sicher: „Es besteht zu keinem Zeitpunkt ein Risiko“, sagt die Finanzmanagerin. Die sogenannten Swaps würden anders als in Landsberg am Lech ausschließlich zur Absicherung gegen Schwankungen genutzt. Die oberbayerische Stadt und 18 weitere Städte, Gemeinen und kommunale Unternehmen in ganz Bayern haben durch allerlei Zinsgeschäfte Verluste von insgesamt rund 27,4 Millionen Euro gemacht und damit Verunsicherung in anderen Kommunen ausgelöst. Keller aber bleibt entspannt: Die Zinsgeschäfte hießen zwar ähnlich, vergleichbar seien sie aber nicht, erklärt die Finanzmanagerin. „Wir machen das völlig anders. Das hat absolut nichts Spekulatives.“
Instrument der Ebersberger Zinsgeschäfte ist der sogenannte Plain-Vanilla-Swap. Der Landkreis nimmt dabei ganz gewöhnlich Darlehen auf und vereinbart feste Zinshöhen und deren Laufzeiten. Andere Kreditnehmer müssen nun den Markt sondieren und die künftige Entwicklung der Zinsen abschätzen, um ein möglichst günstiges Geschäft abzuschließen. Dass das nicht ganz trivial ist, wurde bereits wissenschaftlich untersucht: „Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent liegt man bei der Einschätzung der Zinshöhe in einem Jahr falsch“, sagt Keller. Der Landkreis wählt deshalb zunächst den aktuell günstigsten Zinssatz mit der entsprechenden Laufzeit aus und sichert die Zinshöhe anschließend für die Restlaufzeit gegen Änderungsrisiken ab.
Die Grundlage dafür bilden einfache Tauschverträge, bei denen zwei Vertragspartner zu festgelegten Zeitpunkten feste und variable Zinsen auf einen zuvor festgelegten Betrag tauschen. Das kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben: Steigt die Zinshöhe, erhält der Vertragspartner mit dem festen Zinssatz mehr Geld. Sinkt sie hingegen, liegt der feste Zinssatz über dem variablen und er macht Verluste. Um solchen Schwankungen vorzubeugen, schließt der Landkreis je nach Zinslage längerfristige Zinstauschverträge in beide Richtungen ab. „Die Varianten heben sich dann gegenseitig auf“, erklärt Keller. Weil die Tauschverträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit verschiedenen Laufzeiten abgeschlossen werden, spricht sie auch gerne vom „Schulden managen“.
Man mache keine Wetten auf irgendetwas, sondern sichere die Grundgeschäfte ab, so Keller
Beraten wird das Landratsamt beim Abschluss der Verträge von einer unabhängigen Firma, welche die Märkte sondiert und Software zur Verfügung stellt. Das Verfahren sei erst vor kurzem geprüft und für gut befunden worden, sagt Keller. Für sie kein Wunder, denn schließlich handle es sich bei den Geschäften ja um einfache Tauschverträge auf Basis der realen Zinsentwicklung. „Wir machen keine Wetten auf irgendetwas, sondern sichern unsere Grundgeschäfte ab“, sagt die Finanzmanagerin.
Seit 2007 wird das im Landkreis so gemacht und das rund 60 Millionen Euro große Portfolio aus Darlehen durch Zinstauschverträge gesteuert. Durch Zinsrückerstattungen hätten seitdem mehr als zwei Millionen Euro zusätzlich eingenommen werden können, sagt Keller. Im Durchschnitt liegt der Zinssatz der Kreditverträge derzeit bei 1,62 Prozent – unter anderem dank der Swaps, erklärt Keller.
Dem Innenministerium zufolge hat auch die Gemeinde Aßling verschiedene Zinsgeschäfte abgeschlossen. Dort würden allerdings statt zweier verschiedener Zinsarten zwei variable Zinssätze getauscht, heißt es in einem Bericht, der der SZ vorliegt.
Michael Haas
Süddeutsche Zeitung